Oliviero Masi

Oliviero Masi wurde am 6. Februar 1948 in Busto Arsizio, einem kleinen Ort in der Nähe von Mailand geboren. Da es ihm schon in jungen Jahren ermöglicht wurde zu reisen, lernte er schon früh ferne Länder kennen. Er arbeitete mit namhaften Künstlern in ihren Ateliers und lernte von ihnen. Viele Jahre lebte und arbeitete Oliviero Masi in Paris, London, New York, Kapstadt und Australien. Heute lebt und arbeitet der Künstler zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn in der Nähe von Pavia in der Lombardei.

 

"Jahr für Jahr verfolge ich die Jahreszeiten in ihrem unendlichen Wechselspiel. Ich gehe durch Felder und Wälder, fahre über Straßen, die sich wie ein Spinnennetz über die Landschaft legen, beobachte, wie das Korn wächst, sehe die Maisfelder blühen, den graublauen Roggen leicht hin und her wippen, die Mohnblumen, die die Straßenränder rot färben und sich in den Wäldern wiegen, zusammen mit Margariten Kamille und Brennesseln. Grünbraune Pappelreihen, gepflegte Äcker aufgeworfene Erdschollen. Ich habe gemalt, gezeichnet an Tagen an denen es heiß und trocken war, am Morgen noch feucht vom Tau, dunkle Sonnenuntergänge, eintönige Tage, unruhige Himmel."

"Ich habe dieses magische Wechselspiel immer wieder beobachtet. Kein Ort, kein Tag ist wie der andere und immer wieder gibt es einen Vorwand für ein neues Bild, eine neue Zeichnung, eine neue Radierung. Erscheinungen, die ich ausspioniert habe, immer dabei die Fähigkeit zu sehen, zu lesen. Unterschiede wahrzunehmen, auf die Probe zu stellen. Die gleichen Orte, die gleichen Dinge so unvoreingenommen zu malen wie beim ersten Mal. So habe ich mich als Maler der Landschaft, der Blumen wiedergefunden."

"Alles was von den Augen neugierig betrachtet wurde, in das ich mich mit der Seele hineinversetzt habe, wurde in Farben, Formen, Zeichen übersetzt, eingeschlossen in Oberflächen, die auf ihre Weise erzählen. Auf der Suche nach der unerklärlichen Identität der geheimnisvollen Seele die Ihnen Stärke, Schönheit und das Gefühl gibt, das, was letztlich das Leben lebenswert und außergewöhnlich macht. Ein Leben als Maler, der malt, um das was er sieht kennen zu lernen und einen Teil von sich selbst wiederzufinden."

 

Oliviero Masi  SELBSTBETRACHTUNG

Oft schon habe ich darüber nachgedacht, wie ich über meine Arbeit sprechen soll, über meine rastlose Suche nach dem Sinn heute noch Landschaften zu studieren und zu malen. Landschaftsmaler zu sein, das heißt "figurativ", "gegenständlich" zu malen. Ist das überhaupt noch interessant?

Sicher, man schmückt und dekoriert noch immer. In welchem Wohnzimmer hängt nicht eine Landschaft? Aber welche Landschaftsbilder hängen in vielen Wohnräumen? Welchen persönlichen Stellenwert haben sie für ihre Besitzer? Oft überhaupt keinen, sie sind nur Dekoration. Schon nach kurzer Zeit kann der Betrachter zum Bild keine emotionale Bindung mehr herstellen oder aufrechterhalten. Das Bild hängt dort, weil es eben dort hängt und erhält keinerlei wirkliche Beachtung.

So ist es oft und mich überkommt eine große Traurigkeit, wenn ich zu oft Werke dieser Art sehe, die anonym sind ohne Anspruch, vielleicht zum Vergnügen gemalt oder um sich die Zeit zu vertreiben und um mit mehr oder weniger Geschicklichkeit und Talent das ausgesuchte Objekt abzubilden.

Ich reflektiere, wann und warum ich angefangen habe zu malen. Ich frage mich, wann ich die Landschaftsmalerei entdeckt habe, ich, der die Maler, die die Natur malen, meistens gar nicht mag. Nur wenige haben mich in ihren Bann gezogen.

Ich muss gestehen: Maler bin ich geworden, weil ich mir keine andere Wahl gelassen habe. Ich traf diese Entscheidung mit 7 Jahren, nachdem ich einen anderen Jungen an der Staffelei sah, der ein Bergpanorama malte. Diese Gesten verzauberten mich für immer und ich konnte mir nie mehr vorstellen etwas anderes im Leben zu tun als zu malen.

Und rückblickend muss ich feststellen: Bis heute habe ich nichts anderes gemacht.

Aber warum Landschaftsmaler? Seltsam, immer wenn ich vor einer leeren Leinwand stehe und an eine Landschaft denke, sehe ich schon im voraus jedes Mal das Risiko der Selbstverständlichkeit, der Banalität, des "Schon Gesehenen", des "Schon Gemalten" und ich frage mich, wie und warum muss noch ein neues bzw. anderes Landschaftsbild gemalt werden. Es gibt so viel anderes und lange habe ich versucht, andere Wege zu erkunden, habe in mir nach anderen Inhalten gesucht, die vielleicht auch da sind, aber wenn sie ihre Form, ihren Ausdruck auf einer Leinwand gefunden hatten, erschienen sie mir unbestimmt, zweifelhaft, zusammenhanglos, verschwommen und verworren. Wie viele von uns kennen diese unbeschreibliche, bedrückende Unruhe, die einer Sprache bedürfte, welche Ihr Form und Inhalt verleihen würde, so dass man ihr ins Gesicht schauen könnte, um zu verstehen, woher sie kommt. Vielleicht um zu entdecken, dass diese Unruhe einer unserer Charakterzüge ist, der uns begleiten wird, überallhin und immer. Ich habe gemalt, um zu entdecken, dass diese Unruhe einer unserer Charakterzüge ist, der uns begleiten wird, überallhin und immer. Ich habe gemalt, um die Welt, die uns umgibt, kennen zu lernen, zu verstehen und um sie zu übersetzen, um sie auf dem Weg über die Malerei, über die Zeichnung zu erkunden und so habe ich Bäume, Steine, Früchte, Blumen, Flüsse, das Meer, Wälder und auch Gesichter gemalt und noch vieles mehr und dann machte ich eine überraschende, aber letztlich offensichtliche Entdeckung: Wenn ich Inhalte in mir habe, kann ich sie alle in einen Topf geben, ob nun Landschaft oder irgendetwas anderes, es ist alles da, gleich hier, in großer Pracht und Schönheit ringsum, um mithilfe dieser Fragmente der Realität über die eigenen Emotionen zu sprechen, sie auf die Leinwand zu bannen sich darin zu spiegeln, um zu entdecken, ob wir nur die Oberfläche der Dinge wahrnehmen, nur die äußere Haut der Wesen, der Körper oder ob man einen Teil ihrer Seele erfassen kann um sie ein wenig mit der eigenen verschmelzen zu lassen.

Heute weiß ich, warum ich ein figurativer Maler geworden bin. Das Staunen über die Welt, die Schönheit der Landschaften, die unwiderstehliche Faszination von Gesichtern, Gesten, schönen und weniger schönen Menschen, groß und klein, jung und alt, es ist wie eine niemals endende Wiederholung.
Ich habe gemalt und gezeichnet, mich mit vielen Bildern immer wieder beschäftigt bis sie ganz zu meinen eigenen wurden.

Das Staunen ist zum wichtigsten Bestandteil meines Lebens geworden. Es gibt keinen Sonnenschein, keinen Sonnenuntergang, weder Regen noch Sturm, weder Lachen noch Weinen, Schreien noch Flüstern, das nicht Spuren in mir hinterlassen und meine Tage erfüllen würde.

Ja, das Staunen ist der Inhalt, und die Malerei das Werkzeug, mit deren Hilfe ich die Geschichte meines Lebens und der Welt, in der ich lebe, erzähle. Ich stehe in der Schuld bei großartigen Meistern, die ich verehrt und geliebt habe und immer noch liebe und natürlich haben sie ihre Spuren in meiner Malerei hinterlassen und ich danke ihnen, dass sie da waren und mir die Antwort auf einige Fragen gaben, insbesondere auf die wichtigste:

"Warum nicht!"